19.07.2023

Viele Meinungen, ein Ziel: Die Patient:innen in den Mittelpunkt stellen - So lebt es sich im Janssen Open House

Das Janssen Open House (JOH) hat sich als Plattform für den offenen, ergebnisorientierten Austausch zwischen Vordenker:innen und Innovator:innen aus Gesundheitswesen und Gesellschaft etabliert.

Seit 2021 lädt das forschende Pharmaunternenhmen Expert:innen aus allen Bereichen des Gesundheitswesens zu digitalen Diskussionsrunden ein, um über aktuelle Fragestellungen aus Medizin und Gesundheitsversorgung zu sprechen. Unabhängig vom Format steht das #JanssenOpenHouse für eine 360°-Perspektive auf relevante Themen, engagierte Teilnehmer:innen, visionäre Impulse und einen intensiven Austausch zur Zukunft von Medizin und Gesundheitsversorgung.

Von der Theorie in die Praxis

Das Thema Value Based Healthcare (VBHC) und der Anspruch des Unternehmens, die Gesundheitsversorgung in Deutschland im Schulterschluss mit weiteren Akteur:innen wert- und outcomeorientiert weiterzuentwickeln, standen im vergangenen Jahr und stehen auch in diesem Jahr im Mittelpunkt der Diskussionsrunden. Dabei soll es aktuell ganz besonders darum gehen, weg vom theoretischen Konzept – hin zu den tatsächlichen Voraussetzungen von VBHC zu gelangen. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Ausrichtung der Versorgung auf die Bedarfe von Patient:innen.

Ich durfte Anfang Juli Teil des Janssen Open Houses sein – und war beeindruckt, mit welcher Geschwindigkeit in einem kreativen Setting Herausforderungen aufgezeigt, Lösungsansätze diskutiert und nächste Schritte priorisiert wurden. Anderthalb Stunden höchste Fokussierung, Konzentration und geballte Expertise. Und ein unglaubliches Zeitmanagement von Inga Bergen, die die 14 Beteiligten souverän durch die Fragen führte.

Dabei war mir gar nicht bewusst, dass ich selbst als Expertin geladen war. Ich wollte eigentlich nur zuhören, mitschreiben und die Ergebnisse für Unboxing Healthcare dokumentieren. Schließlich ist es ja genau das, was unsere Initiative aus Healthcare-Begeisterten und Menschen, die anders an die Herausforderungen des Gesundheitswesens herangehen, erreichen möchte.

Patientin:innenzentrierung in fünf Aspekten

Katja Cramer, Leiterin der Abteilung Patient Affairs, bei Janssen Deutschland führte in die Runde ein. Und Dr. Holger Bartz, medizinischer Leiter und Geschäftsführer den Bereich Medical & Scientific Affairs von Janssen Deutschland erklärte: „Patientenzentrierung bedeutet für mich, die richtige Therapie zur richtigen Zeit zum richtigen Patienten zu bringen.“ Dabei sei Patientenorientierung für Janssen „nicht nur ,ein Buzzword‘; es steckt tief in unserer DNA“.

Im Fokus der ersten JOH-Arbeitssession am 24. März stand die Frage, wie patient:innenzentriert – auch wie value-based – das deutsche Gesundheitssystem aus der Sicht von Patient:innen ist. Inwiefern können diese sich darauf verlassen, individuell bestmöglich versorgt zu werden? Inwieweit werden sie in die Auswahl und Bewertung ihrer Therapie eingebunden? Welche Faktoren beeinflussen das Ausmaß der Patient:innenzentrierung in Deutschland? 12 Patient:innen und -vertreter:innen unterschiedlicher Indikationen gaben hier ihre Erfahrungen und Eindrücke wieder.. Und im Rahmen dieser „Anamnese“ arbeiteten die Diskutierenden interessante Erkenntnisse über Herausforderungen und Verbesserungspotenziale für die Gesundheitsversorgung in Deutschland heraus.

Fünf Handlungsfelder wurden bereits in der ersten Session ausgemacht: Zugang & Versorgung, Digitalisierung & Datennutzung, Kommunikation & Gesundheitskompetenz, Politik & Regulation sowie Forschung & Medizin.

„Ich bin froh, dass es dieses Format gibt“

Die darauffolgenden Janssen Open House-Diskussion am 06. Juli fand in einem erweiterten Kreis statt: neben 3 Patienten aus der ersten Session kamen 11 weitere hochkarätige Repräsentant:innen aus Medizin, Wissenschaft, Medien und der Gesundheitswirtschaft hinzu. In einer ersten Runde reflektierten die 3 Patienten die Ergebnisse der ersten Session vom März: Eine gute patientenzentrierte Versorgung hänge zum großen Teil vom Kenntnisstand der Betroffenen ab – und davon, ob es genügend Therapieplätze gibt, hieß es da beispielsweise – und: „Ich bin froh, dass es dieses Format gibt und die Patientinnen und Patienten überhaupt gehört werden. Um die Probleme wirklich lösen zu können, müssen wir den Kreis der Teilnehmenden allerdings erweitern.“

Damit brachten die Patientenvertreter auch gleich die Idee dieser zweiten Session auf den Punkt: Gemeinsam an Lösungen für mehr Patientenzentrierung arbeiten.

Die Teilnehmenden durften zunächst ein 30-Sekunden-Blitzlicht auf die Frage werfen: „Wie kann nun die Versorgungssituation patientenorientierter gestaltet werden? Welche Bereiche fehlen noch?“ Ziele seien richtig und wichtig, meinte beispielsweise ein Patient:innenvertreter, es gehe aber auch um deren Umsetzung und die Evidenz. Eine Klinikerin meinte, die fünf Themenbereiche seien gut gewählt. „Doch mir fehlt beim Thema Digitalisierung und Datennutzung die Interoperabilität.“ Die Vorständin einer gesetzlichen Krankenkasse brachte eine ganz neue Perspektive ein: Ihr fehle der Blick auf die Themen „Befähigung & Mindset“ der Patienten. Im Moment denke man noch viel zu wenig präventiv. Und man brauche eine einfachere Sprache, um die Menschen auch zu erreichen und so Patient:innen zu Befähigten zu machen.“

Ein Journalist warb für die sprechende Medizin, die es zu fördern gelte. Und eine Ärztin ergänzte: Nicht nur die Patientinnen und Patienten müssten empowert werden – das gelte auch für die Ärztinnen und Ärzte. In die gleiche Richtung dachte der Chefredakteur eines Wissenschaftsmagazins: Man dürfe nicht nur über Patient:innen, sondern sollte vor allem auch mit ihnen reden.

Als wichtigste Punkte kristallisierten sich in dieser Runde die Themen „Kommunikation & Gesundheitskompetenz“ heraus – Bereiche, in denen offensichtlich in Deutschland noch viel Nachholbedarf besteht – und die sicherlich Eingang finden werden in eine der nächsten JOH-Sessions, wie Inga Bergen betonte. Was aber beeinflusst die Patient:innenzentrierung nach Meinung der Teilnehmenden des JOH positiv und negativ?

In dieser nächste Fragenrunde gab es ebenfalls spannende Antworten: „Barrierefreiheit“, beispielsweise. Forderte ein Patientenvertreter. Ein weiterer erzählte, er er habe sich selbst zum Genesungsbegleiter ausbilden lassen und damit sehr positive Erfahrungen gemacht. Der Wunsch danach komme immer mehr auf, Menschen im Sinne eines Care-Managements zu begleiten, so der Erfahrungsexperte.

Ideen für konkrete Veränderungen

Der CMO eines Digitalanbieters meinte, die Darstellung der Nützlichkeit im System fehle. Es werde beim Thema ePa beispielsweise über Konnektoren und Opt-In gesprochen. Dabei müsse man einfach den Nutzen darstellen, sonst werde es keiner nutzen wollen.“ Ein Arzt und selbst onkologischer Patient übte Kritik an der permanenten Diskussion über Kostenreduktion: Unter diesem Druck komme es permanent zu Fehlanreizen. Dies unterstützte wiederum ein Systemkenner: Jede und jeder von uns könne Geschichten erzählen, die genau das Gegenteil s von Patientenzentrierung. Deshalb brauche es eine bessere regionale Versorgung, koordinierte Weiterleitungen und Projekte, die zeigten, welche positive Effekte eine gesteigerte Patientenorientierung mit sich bringe.

Eingebracht wurde auch das Thema überbordende Bürokratie: „Wenn ich sehe, dass wir 30 Prozent der Arztzeit auf Bürokratie verschwenden, dann frage ich mich, warum für die Dokumentation nicht Künstliche Intelligenz eingesetzt werden kann“, so der Mitdiskutant.

Eine Oberärztin sprach sich dafür aus. Patient:innenorientierung verpflichtend in die medizinische Ausbildung aufzunehmen. Ein Vertreter eines Gesundheitswirtschaftsunternehmens bemängelte, dass die ePA in der heutigen Form „sehr leistungserbringerzentriert“ sei: Patient:innen müssten doch verstehen können und dürfen, was einzelne Maßnahmen mit ihrer Gesundheit machen. Eine GKV-Vorständin meinte sogar, es seien „Erwartungen geweckt worden, die sich so nicht erfüllen. Und deshalb gibt es eine große Enttäuschung bei den Versicherten“. Sie mahnte: „Wir brauchen eine ehrliche Kommunikation und eine Klarstellung des Mehrwerts. Und wir müssen weniger in Zuständigkeiten kommunizieren, sondern in die Gesamtverantwortung gehen.“ Eine weitere Stimme aus der Digitalszene forderte: „Macht die neuen Entwicklungen nützlich – und baut sie vor allem mit den Usern und nicht am Whiteboard.“ Wenn es nicht gelänge, den Nutzen der ePA deutlich zu machen, dann würden 50 Prozent der Menschen den Opt-out wählen, betonte denn auch ein Patient:innenvertreter. Die digitale Transformation dürfe, so ein Wissenschaftler, nicht nur der Digitalisierung wegen vorangebracht werden müsse: „Sie wird auch die analoge Welt und damit die Versorgung ändern.“

Wie sehen mögliche Lösungsansätze aus Sicht der Teilnehmenden aus? „Der Outcome für den Patienten sollte besser bezahlt werden. Jeder Patient möchte doch gesund werden. Die Leistungserbringer werden jedoch nicht nach Erfolg, sondern nach Leistung bezahlt. Wir müssen eine bessere Versorgung fördern und fordern“, lautet der Schluss für einen Patient:innenvertreter. „Vollumfängliche Datenverfügbarkeit wäre ein Quantensprung“, hieß es von anderer Stelle und: „Man stelle sich vor, dass schon vor der Behandlung alle verfügbaren Daten vorlägen – das wäre doch ein Traum.“ Ein weiterer Patient:innenvertreter setzt auf Evidenzbasierung und Pay-for-Performance Modelle: „Was dem Patienten nützt, soll auch in die Versorgung kommen.

Empowerment für Patient:innen

Ein Teilnehmer schlug vor, die Patient:innenselbsthilfe in institutionelle Strukturen zu gießen und die Versorgung interprofessioneller und interdisziplinärer als heute zu gestalten: „Wir dürfen nicht mehr ärzt:innenzentriert denken, sondern müssen unser Spektrum um weitere Professionen erweitern.“ Eine Ärztin betonte, es brauche „mehr Wissen für Patienten und Behandler in der Fläche“. Sie schlug dazu Veranstaltungen vor. Ein Patient:innenvertreter erklärte, es würden zwar immer mehr Felder der Patientenbeteiligung eröffnet, „allerdings wurden die Kompetenzen nicht erweitert“. Andere würden gerne mehr betonen, „wie gut wir vieles schon machen – und das auch den Bürgerinnen und Bürgern nahebringen.“ Eine Teilnehmerin bekräftigte, es müsse mehr in die Gesunderhaltung investiert werden. Man könne damit die potenziellen Patienten aus dem System heraushalten und Ressourcen schonen.

Darüber hinaus gab es den Ruf nach einem Ausbau der Versorgungsforschung: „Es muss auch transparent werden, dass gute Medizin nicht umsonst zu haben ist. Wir geben 100 Milliarden Euro für Rüstung (zusätzlich) aus. Das macht die Menschen nicht gesünder“, so ein Diskutant. Ein weiterer meinte: „Wir haben in Deutschland eins der teuersten Systeme – und stehen in der Versorgung recht weit hinten.“ Hinzu wurde die Sorge geäußert, dass Unternehmen durch die Auswirkungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes gar nicht mehr in die Forschung gehen könnten – und es kam die Forderung auf, Patientinnen und Patienten sollten ein Stimmrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss bekommen.

Ein Format mit vielen Learnings

Drei Punkte kristallisierten sich am Ende des JOH als wichtigste Themen heraus: 1. Die vollumfängliche Datenverfügbarkeit, 2. Patient:innen-Empowerment und 3. Gesunderhaltung sowie Prävention. „Dass das Thema Prävention mit oben auf der Liste steht, freut mich sehr“ sagte Katja Cramer, Patientenbeauftragte bei Janssen. Dr. Holger Bartz, Medizinischer Leiter und Geschäftsführer bei Janssen betonte: „Ich habe persönlich ganz viel gelernt und sehr viele Inspirationen bekommen. Lassen Sie uns hier gemeinsam Projekte vorantreiben.“

Mein Fazit: Das Janssen Open House hat mich echt geflasht: So viele gute Ideen und Inspirationen innerhalb von 90 Minuten. Das muss man erst einmal nachmachen. Ich wünsche mir solche Formate in der Politik: Alle Stakeholder an einem Tisch, die ihre Expertise einbringen – und damit Versorgung neugestalten!

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